Sinnesreise ins alte Rom

Eine Zeitreise in das alte Rom wäre für viele moderne Besucher wohl ein ziemlicher Kulturschock. Kaum dort angekommen, fände man sich im Gedränge der Straße wieder. Die Menge der Personen würde einen mit sich treiben wie ein reißender Fluss und menschliche Hindernisse wurden gerne auch mit Rempeleien aus dem Weg befördert. Nach einem Polizisten oder gar Verkehrsregeln schaute man sich vergeblich um, sie existierten nicht. Gerade höhergestellten Personen wie Senatoren machte man also lieber freiwillig Platz, bevor man von der Schar ihrer Klienten oder den mit Rutenbündeln ausgestatteten Amtsdienern aus dem Weg geräumt wurde. Der Lärm wäre ohrenbetäubend. In der Kakophonie der unterschiedlichen Sprachen könnte man die Rufe der allgegenwertigen Händler wahrnehmen, die ihre Waren anpriesen, oder den Lärm von Prozessionen, die mit Musikinstrumenten auf ihre jeweilige Gottheit aufmerksam machten oder einen Verstorbenen aus ihrer Familie unter dem Geleit der Vorfahren, die teils durch Hunderte Personen mit Totenmasken dargestellt wurden, zu Grabe trugen. Spektakuläre Ereignisse wären also geboten.

Wäre da nur nicht der hartnäckige Straßendreck, das lutum, bei dem man gar nicht wissen wollte, aus was genau er denn nun bestand. Dieser lästige Begleiter haftete an Schuhen und Kleidung und verwandelte die Straßen bei Regenfällen in rutschige Matschpisten. Seine guten Schuhe sollte man als Zeitreisender also zu Hause lassen. Denken Sie aber an eine Lampe. Andernfalls werden Sie in völliger Dunkelheit nach einer Taverne für einen Becher Wein und eine warme Mahlzeit suchen und einen sehr beschwerlichen Heimweg zu ihrer Wohnung haben. Denn sobald die Sonne untergegangen war, versank die ewige Stadt aufgrund fehlender Straßenbeleuchtung in schwarzer Finsternis. Sehr bekannt würde dem Besucher allerdings die Wohnungsnot vorkommen. In einer stetig wachsenden Metropole wie Rom wohnten die meisten Römer in kleinen Zimmern, die zu horrenden Preisen vermietet wurden. Und wenn Sie die Mietpreise nicht um den Schlaf bringen, so wird dies vielleicht das nicht enden wollende Rumpeln der Wagen auf dem Straßenpflaster erreichen, da für diese Fahrzeuge ein Tagfahrverbot in der Stadt galt. Rom zehrte am Nervenkostüm seiner Bewohner. Und die Gerüche erst! Ein geruchsverwöhnter Zeitreisender würde entsetzt seine Nase zuhalten, bei dem Gemisch aus Körpergerüchen, Kanalisation, Straßendreck und den Duftnoten der verschiedenen Geschäfte und Hand-werksbetriebe, die besonders penetrant im Bereich der Gerber und Färber waren, die ihre Waren mit Urin bearbeiteten. Wie konnte es sein, dass selbst die Satiriker, die sonst an Spott über die Missstände der Stadt nicht sparten, gerade über dieses Thema nicht berichteten? Die Römer, ein Volk von Hygienemuffeln trotz ihrer Thermen? Keineswegs, wie etwa die Ars Amatoria (Liebeskunst) des Dichters Ovid zeigt, der den Männern einbläute, nicht mit Mundgeruch oder dem „Gestank eines Ziegenbockes“ die Nasen ihrer Mitmenschen zu beleidigen. Die Nutzung von Duftsalben, die zudem die Haut pflegten, war für Frauen und Männer, die etwas auf sich hielten, üblich. Rosmarin war beliebt, Wohlhabendere griffen zu Myrrhe, Narde oder gar Rosenduft. Grundlage der Salben war das reichlich verfügbare Olivenöl. Doch auch beim Duft galt, dass zu viel des Guten Misstrauen erregen konnte, wie bereits der Dichter Martial notierte:

„Was soll ich dazu sagen, daß deine Küsse nach Myrrhe riechen / und daß du ständig einen fremdartigen Duft um dich hast?/ Verdächtig ist mir, daß du, Postumus, immer gut riechst:/ Der riecht nicht gut, Postumus, der immer gut riecht.“

Der Grund für den fehlenden Spott über den Gestank der Stadt ist letztendlich doch unspektakulär einfach: Die Nasen der Römer hatten sich einfach an ihn gewöhnt. Wer heute ein Stück römische Geruchswelt erleben möchte, kann dies auch ohne das Verkochen der Duftstoffe mit Olivenöl und Wachs recht unkompliziert erreichen. Für eine kleine Menge Salbe zum Ausprobieren hat sich folgendes Rezept bewährt:

  • 2 TL Salbengrund (z.B. unguentum cordes oder unguentum emulsificans; Apotheke)
  • 5 – 10 Tropfen Mandelöl
  • 1 – 5 Tropfen Duftöl (je nach Intensität und Geschmack, z.B. Rosmarin, Salbei, Baldrian, Minze, Lavendel, Weihrauch, Myrrhe, Rose [künstlich, um den Geldbeutel zu schonen])
  • Spatel (zum Vermischen der Zutaten)
  • Döschen zur Aufbewahrung der Salbe
    Wer es noch authentischer möchte, findet in den Quellen einen Link zur Herstellung einer Duftsalbe auf römische Art. Das Kombinieren für neue Duftvariationen war bereits bei den Römern ausdrücklich erlaubt. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Experimentieren!

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